Rašmuo <y> antrajame Knygos nobažnystės leidime
Volume 19 (2017): Archivum Lithuanicum, pp. 99–112
Pub. online: 31 December 2017
Type: Article
Open Access
Published
31 December 2017
31 December 2017
Abstract
Der spezifische Gebrauch des Graphems <y> im ersten Teil von Knyga nobažnystės (in der wiederholten Ausgabe von 1684?, weiterhin KNG2) zeichnet diesen Text gegenüber anderen zeitgenössischen Schriften aus. Aus der Analyse der Verwendungsfälle von <y> ergeben sich einige Hypothesen, die im Aufsatz näher analysiert werden. Unter dem Einfluss der polnischen Rechtschreibung haben die Bearbeiter versucht, dem Graphem <y>, welches als eine nicht konsequent eingesetzte Variante von <i> zu betrachten ist, eine genauere Funktion zuzuordnen. In der ersten Hälfte des Werkes (und somit im Großteil des Psalmenbuchs) wurde das Schriftzeichen <y> anscheinend zur Kennzeichnung von [i] (selten [ī]) vor „härteren“ Konsonanten t, p, d, v, s, r, m, n eingesetzt, um der etwas härteren Aussprache dieser Konsonanten vor den Vokalen der e-Gruppe und ihrer häufigen Schreibung ohne das Palatalisierungs-i Rechnung zu tragen. Die Konjunktion ir ‘und’ wurde in Anlehnung an die Schreibung der gleichbedeutenden polnischen Konjunktion (y) ebenfalls mit <y> geschrieben. Die Schreibung <y> hätte auch durch die hypothetisch angenommene ungespannte und etwas breitere Aussprache von i in unbetonten oder in akzentuierten aber nicht verlängerten Positionen (vergleichbar mit der Aussprache in den heutigen Dialekten in der Gegend von Kėdainiai) bedingt sein können. Deswegen ist die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass das Graphem <y> in KNG2 am häufigsten zur Kennzeichnung des weniger gespannten [i] eingesetzt wurde, allerdings nur in der Umgebung „härterer“ Konsonanten. Andererseits hätte die Schreibung <y> statt <i> (mit Ausnahme von yr) auch ästhetisch motiviert sein können: so hat man sich gewissermaßen an die Ober- und Unterlängen der Schriftzeichen t, p, d, ſ, k angepasst. Im KNG2 wurde neben einem solchen Buchstaben meistens das Graphem <y> gesetzt (am konsequentesten nach t, p und d in bestimmten Stämmen). Die Anpassung des Graphems <y> hätte auch ein Stilmerkmal eines der Bearbeiter von KNG2 sein können, welcher die ersten hundert Seiten des Gesangbuches abgeschrieben und korrigiert hat. Die nicht konsequente Verwendung von <y> in gewissen Stellungen zeigt, dass die Erweiterung seines Verwendungsbereichs nicht an einem einzigen Zeitpunkt zustande kam, sondern möglicherweise beim wiederholten Lesen der zu bearbeitenden Texte ergänzt wurde. Dieses für die KNG2 so kennzeichnende Schriftzeichen gehört allerdings nicht zu den typischen Merkmalen der Übersetzung des Neuen Testaments von 1701, die zum Teil von Samuel Bittner angefertigt wurde, welcher auch an der Bearbeitung von KNG2 beteiligt war.